„Der Aufbruch ins Ungewisse“ – Ein Ölgemälde als Reise zwischen Licht und Schatten

Zu Beginn dieses Jahres habe ich mir einen lang gehegten Wunsch erfüllt: Zum ersten Mal seit meiner Kindheit habe ich mit Ölfarben gearbeitet. Damals waren es kleine Gehversuche mit meinem Vater auf dem Balkon – begleitet von Neugier, Ungeduld und dem Zauber erster Farbschichten. Unvergesslich bleibt auch der Duft von Lösungsmitteln im kleinen Malzimmer meines Großvaters – eine Erinnerung, die sich wie ein unsichtbarer Pinselstrich durch die Zeit zieht. Dieses Bild markiert nun den Anfang eines neuen Kapitels.

Inspiriert von unseren Reisen durch die stille Weite Schwedens ist es eine Einladung zur inneren Einkehr – und zugleich ein stiller Ruf nach Aufbruch. Ein einzelnes Boot liegt auf einem ruhigen skandinavischen See, umgeben von dunklen Bergrücken und einem schmalen Himmelsstreifen, in dem das Mondlicht zarte Spuren in Silber, Rot und Ocker hinterlässt. Nur zwei Lichtquellen durchbrechen die nächtliche Stille: der Mond, dessen Farbspiel sich an der Wolkendecke spiegelt wie flüchtige Zeichen einer unterdrückten Glut – ein Echo innerer Bewegung inmitten äußerer Stille.

Die Laterne im Bug des Bootes antwortet dem Mond mit eigenem, kräftigem Leuchten – warm, direkt und in ihrer Intensität dem Mondlicht ebenbürtig. Ihre Position im vorderen Bereich lenkt den Blick nach vorn, in Richtung einer Reise, die noch nicht begonnen hat. Zusammen erschaffen beide Lichtquellen ein Wechselspiel zwischen Ferne und Nähe, Hoffnung und Ungewissheit.

Ich habe mit Pinsel und Malmesser gearbeitet, um der Komposition Textur und Tiefe zu verleihen – das Wasser ruhig, fast spiegelnd, die Landschaft reduziert, doch kraftvoll. Die asymmetrische Anordnung des Bildes öffnet Räume für Interpretation: Die Diagonale des Bootes trifft auf einen Einschnitt im Bergrücken im oberen Drittel. So entsteht eine Sichtachse, die den Blick des Betrachters in die Ferne leitet – dorthin, wo das Unbekannte beginnt.

Die kühlen Blau- und Grüntöne erzeugen eine gedämpfte, fast meditative Atmosphäre, während sie gleichzeitig einen Kontrast zu den warmen Lichtakzenten bilden. Kleine Reflexe der Laterne auf der Wasseroberfläche deuten sanft die Uferkante an. Das Boot ist bereit, doch der Reisende fehlt. Vielleicht ist es der Betrachter selbst, der eingeladen ist, die Reise anzutreten.

Ein bewusster Kontrapunkt zum klassischen Motiv ist die Rahmung des Bildes: Klar gehalten, ohne dekorative Gestaltungselemente – schlicht, fast modern. Und doch verbindet sie sich mit dem Werk über den warmen Goldton der Leiste, der sich harmonisch mit den verwendeten Farbtönen ergänzt. Begleitet wird das Motiv von einem glänzenden Firnis, der dem Bild zusätzliche Leuchtkraft und Tiefe verleiht – fast so, als würde das Licht selbst darauf verweilen. Die langen Trocknungszeiten zwischen den Arbeitsschritten verlangten Geduld – und wurden zu einer stillen Übung in Achtsamkeit und Hingabe.