Gemeinsam mit André Aschkowski und Markus Hoff besuchte Ich heute das Museum „Kolumba“ in Köln.
Der Folgende Text ist ein Auszug aus unserem Vortrag im Rahmen des Moduls Planen im Bestand.
Das Diözesanmuseum der Erzdiözese Köln ist errichtet auf den Ruinen der mittelalterlichen Kirche St. Kolumba, nur einen Steinwurf entfernt vom Kölner Dom. In Folge der Bombenangriffe des zweiten Weltkrieges wurden große Teile der Kölner Innenstadt zerstört. Auch die mittelalterliche Kirche St. Kolumba war bis auf einige Mauerreste der Umfassungsmauern zertrümmert.
In den Trümmern des Mittelschiffes baute Gottfried Böhm in den 50er Jahren die Kapelle „St. Madonna in den Trümmern“. Ihren Namen erhielt sie, da eine Figur der Madonna aus Kalkstein als einzige den Angriff überstand und unversehrt geborgen werden konnte.
1997 wurde für das Gelände ein Architekturwettbewerb zur Gestaltung eines Museums, welches das Diözesanmuseum am Roncalliplatz ablösen sollte, in die Wege geleitet. Wichtiger Teil des Wettbewerbes war die Integration der vorhandenen Architektur Böhms und der Ruinen. Kein Geringerer, als Peter Zumthor gewann den Wettbewerb. Bestandteile seiner Planung waren das zu Ende Bringen der archäologischen Ausgrabungen und die Sanierung der erhaltenen Mauerreste.
Zumthor wählte aus verschiedenen Gründen Backsteine als Material für die Fassaden. Zum Einen sei Köln ohnehin traditionell eine Backsteingegend; die Verwendung lässt sich bis in der Zeit der Römer zurückverfolgen. Zum Anderen eröffnete die flache Form der handgefertigten Ziegel einen sehr flexiblen und damit dichten und
ästhetischen Anschluss an den Mauerwerksbestand. Die schmale Anschlussfuge wurde mit dem Mörtel des Mauerwerkes hergestellt.
Die Permeabilität des Mauerwerkes wird durch überbreite Stoßfugen erreicht, durch die so entstehende, vom Architekten „Filtermauerwerk“ getaufte Wand gelangen Licht und Luft ins Innere der Ausgrabungshalle und damit auch, trotz der Überbauung mit einem Museumsgeschoss, in die Kapelle. Diese ist weiterhin unabhängig vom Museum für jeden zugänglich.
Wir betreten das Gebäude durch einen recht unscheinbaren Eingang, es ist auffallend still. Auf einen großen Museumsshop und ein Café wurde bewusst verzichtet. Die Klinkerfassade wird im Erdgeschoss des Museumsbaus auch im Innenraum fortgeführt. Es besteht im Wesentlichen aus dem Ausgrabungsfeld, über das man als Besucher über einen Holzsteg hinweg schreitet. Die Atmosphäre dieses
Raumes wird durch das einfallende Tageslicht und die sofort spürbare Außentemperatur geprägt. Die in einem
Raster stehenden, unglaublich glatt geschliffenen und makellosen, Stahlbetonstützen, erscheinen fast schon filigran und werden daher kaum wahrgenommen. Weiterhin ist vom Erdgeschoss der von einer
Stampfbetonmauer umschlossene Innenhof zugänglich. Hier werden einzelne Teile der zerstörten Kirche gezeigt, einzelne Stühle würden im Sommer zum Aufenthalt einladen. Auch im Winter ist durch die Verglasung hindurch die Wirkung dieses Ruhepols spürbar, diese Fläche, auf der sich der mittelalterliche Friedhof der Stadt befand, hat noch heute die Atmosphäre eines privaten Gartens im Zentrum von Köln.
Über die Treppe in einem sehr hohen und von faszinierender Sichtbetonqualität geprägten Treppenhaus erreicht man das erste Obergeschoss. Hier sind die Räume sehr dunkel gehalten und die Exponate werden durch präzise gelenktes Kunstlicht beleuchtet. Die Wände in diesem und im zweiten Obergeschoss wurden aus glatt geschliffenem Lehmputz hergestellt, sie sind geometrisch, jedoch nicht orthogonal angeordnet. Diese Anordnung leitet den Besucher durch die Ausstellung, man findet wie intuitiv den richtigen Weg weiter zur Treppe, in die nächste Ebene.
Im 2. Obergeschoss ist das fließende Licht, für welches der Architekt besonders bekannt ist, erlebbar. Die Ausstellungsgegenstände werden durch das einfallende Tageslicht erhellt. Die Öffnungen unter der teilweise immens hohen Decke sind mit mattierten Gläsern gefüllt, zum Schutz der Ausstellungsgegenstände vor direktem, grellem Sonnenlicht. Die Fenster auf Augenhöhe sind mit halbtransparenten, grauen Vorhangstreifen bestückt. Diese passen hervorragend zur Oberflächenstruktur der verwendeten Baustoffe. Sie stehen dabei mit dem Sichtbeton, dem geschliffenen Lehmputz und dem polierten Estrich in Einklang.
Insgesamt ist an dem Gebäude sehr exemplarisch Zumthors Handschrift ablesbar: Klare Kanten, reduzierte Farbigkeit, sorgfältige Materialauswahl und eine Präzision, die keine Schalhautstöße oder Fugen außer Acht lässt, ziehen sich durch das gesamte Bauwerk. Die Räume selbst wirken atemberaubend und sind einzigartig.
Im Umgang mit dem Bestand verfolgt Zumthor eine Doppelstrategie: Zum einen der respektvolle Abstand zur Kapelle der Madonna, zum Anderen der direkte Anschluss an die Mauerreste des mittelalterlichen Gotteshauses. Auf der hellgrauen, fast weißen Fassade wirken diese je nach Betrachtungsweise und Tageszeit wie Lehrbuch-artig abgedruckt oder vor dem hellen Himmel stehend. Auf diese Weise bleiben sie als Mahnmal gegen den Krieg erhalten und bilden nicht nur symbolisch, sondern auch tatsächlich das Fundament zeitgemäßer Baukunst eines der besten Architekten unserer Zeit.
Wer sich für die Architektur Zumthors interessiert, dem Sei das Hörbuch „Peter Zumthor. Die Magie des Realen“ ans Herz gelegt. Dieses war unter anderem eine hilfreiche Grundlage für den Vortag und ist absolut empfehlenswert.